Tidjane Thiam war Boss der schweizerischen Großbank Credit Suisse. Jetzt hat er als erster Afrikaner ein SPAC an Wall Street lanciert. Auch der Alllianz-Konzern finanziert die leere Investmenthülle.
Mit großem Erfolg hat der Afrikaner Tidjane Thiam hat ein SPAC, eine „special-purpose acquisition company“, lanciert. Beim Gang an die Börse New York hat Thiam immerhin mehr als 300 Millionen Dollar eingeworben. SPACs sind leere Unternehmenshüllen, für die deren Initiatoren bei Investoren Geld sammeln. Die Investoren treibt in erster Linie die Hoffnung, dass die Initiatoren anschließend interessante Unternehmen kaufen. Somit ist ein SPAC nichts als ein Blankoscheck auf das Geschick der SPAC-Manager.
Freedom Acquisition I Corp heißt die Hülle, die Thiam mit seinen Partnern Adam Gishen und Abhishek Bhatia gegründet hat. Ursprünglich wollte das Trio 250 Millionen Dollar einwerben. Doch das Investoreninteresse war so groß, dass 345 Millionen Dollar daraus geworden sind. 34,5 Millionen Aktien konnten Thiam, Gishen und Bhatia zum Preis von 10 Dollar je Aktie platzieren. Dabei führte die Investmentbank JP Morgan das Emissionskonsortium an. Deutsche Bank und Morgan Stanley unterstützten die Transaktion als Book-Running-Managers beim Verkauf der Anteile. Einen Teil des eingeworbenen Kapitals steuerte sogar Pimco, der Asset-Manager des deutschen Versicherungskonzerns Allianz, bei.
Übernahmeziele auch in Afrika gesucht
Das SPAC sucht nun Übernahmekandidaten im Finanzsektor und im Fintech-Bereich. Dabei liegt der geographische Fokus laut Thiam, Gishen und Bhatia auf Nordamerika und Europa, aber auch auf den Schwellenmärkten in Asien, Lateinamerika und Afrika. Besonders der Finanzsektor in Afrika bietet Investoren attraktive Möglichkeiten, da die Finanzierung des Aufschwungs jede Menge Kapital verschlingt. Auch ist der Finanzsektor an den afrikanischen Aktienmärkten gefragt.
Derzeit sind SPACs groß in Mode an den internationalen Aktienmärkten. Da SPAC nichts zu bieten haben außer den Versprechen ihrer Initiatoren, ist das Risiko bei diesen Vehikeln relativ hoch. Es kann allerdings sein, dass die SPAC-Manager bei ihren Akquisitionen danebengreifen. Anderen scheitern auch daran, in einem angemessenen Zeitraum interessante Übernahmeziele zu finden.
Bei Tidjane Thiam haben die Investoren diese Angst offenbar nicht. Lange galt er als das afrikanische Wunderkind in der internationalen Hochfinanz. Vor bald 59 Jahren wurde er im westafrikanischen Staat Elfenbeinküste geboren. Seine Familie war von beiden Seiten her privilegiert: Seine Mutter war die Nichte von Félix Houphouët-Boigny, dem Staatsgründer von Elfenbeinküste. Sein Vater, Amadou Thiam, stammte aus Senegal und emigrierte nach Elfenbeinküste. Dort unterstützte er den Unabhängigkeitskampf Houphouët-Boignys und machte danach in der Politik des Landes Karriere. So war er Informationsminister und Botschafter in Marokko. Tidjane Thiams Onkel, Habib Thiam, war mehr als zehn Jahre lang Premierminister in Senegal und Präsident des Parlaments.
Die renommiertesten Eliteschulen Frankreichs
wie ein Verzeichnis der renommiertesten Eliteschulen Frankreichs liest sich Thiams Lebenslauf: École Polytechnique, École Nationale Supérieure des Mines und Insead, schließlich als erste Berufsstation McKinsey. 1993 kehrte er nach Elfenbeinküste zurück. Dort gestaltete er in führender Position den wirtschaftlichen Aufbau des Landes und das Privatisierungsprogramm der Regierung.
Im Jahr 2000 verließ er Elfenbeinküste und wurde Partner bei McKinsey. Bald danach machte er Karriere im Versicherungsgeschäft, erst beim britischen Versicherer Aviva. Dann wechselte er zum Konkurrenten Prudential, wo er 2009 zum Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde. Diese Berufung machte Tidjane Thiam zum ersten Afrikaner in Großbritannien, der einen FTSE-100-Konzern führte.
Langjährige Weggefährten
Im Jahr 2015 wurde er zum Boss der schweizerischen Großbank Credit Suisse ernannt. Allerdings musste er im Jahr 2020 zurücktreten. Ein ehemaliger Angestellter der Bank, Iqbal Khan, beschuldigte Thiam, ihn mithilfe von Privatdetektiven ausspioniert zu haben. Zwar überstand Thiam diese Vorwürfe, doch unterlag er im bankinternen Machtkampf, den die Beschattungsaffäre ausgelöst hatte.
Thiam, Gishen und Bhatia kennen sich aus gemeinsamen Zeiten bei Prudential. Adam Gishen folgte Thiam 2015 von Prudential zu Credit-Suisse und leitete dort Marketing, Kommunikation und Investor Relations. Im Februar 2020 musste Gishen seinen Posten räumen, kurz nachdem Thiam die Bank verlassen hatte. Abhishek Bhatia arbeitete in verschiedenen Positionen bei Prudential, unter anderem in Polen, Hongkong, Malaysia und Indien. Im Jahr 2015 wechselte Bhatia zum asiatischen Insurtech-Unternehmen FWD Group.