Enttäuschende Zahlen kommen von Destatis zum deutschen Außenhandel: Nur noch 2% der Exporte gehen nach Afrika. Deutsche Unternehmen vernachlässigen einen Wachstumskontinent.
Deutschland hat sich wirtschaftlich nie besonders für Afrika interessiert. Und dieses geringe Interesse nimmt noch weiter ab. Nur noch 2 Prozent des deutschen Außenhandels gehen nach Afrika, meldete kürzlich das Statistische Bundesamt Destatis. Das entspricht Ausfuhren im Wert von gerade einmal 24,5 Milliarden Euro.
Afrika, das ist ein Kontinent mit 1,2 Milliarden Menschen. Und es ist einer der größten Kontinente überhaupt: Algier liegt von Kapstadt in etwa so weit entfernt wie Frankfurt von Schanghai. Dennoch führen die deutschen Unternehmen auf den gesamten afrikanischen Kontinent weniger Waren aus als nach Schweden.
Der Wirtschaftsaufschwung im Süden geht an Deutschland weitgehend vorbei. Im Jahr 1990 hatte der Anteil der deutschen Exporte auf den afrikanischen Kontinent laut Destatis bei 2,4% gelegen. Während alle großen internationalen Unternehmen, auch aus Europa, schon längst durchdachte Afrika-Strategien formuliert haben, hat sich bisher kaum ein Vorstandsmitglied eines größeren deutschen Unternehmens überhaupt einmal zu einer Erkundungsreise aufgemacht. Afrika ist, wenn überhaupt, in den meisten deutschen Unternehmen keine Chefsache.
Damit lässt sich die deutsche Wirtschaft ein immenses Potenzial entgehen. Bis zum Jahr 2050 wird sich die afrikanische Bevölkerung von heute 1,2 Milliarden auf rund 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Während Europa das Altersheim unseres Planeten sein, bleibt Afrika ein junger Kontinent: 40 Prozent der afrikanischen Bevölkerung des Jahres 2050 wird unter 15 Jahre alt sein, nur 4 Prozent über 65 Jahren. In Europa werden nur noch 16 Prozent der Bevölkerung unter 15 Jahren alt sein und ebenfalls 16 Prozent über 65 Jahren.
In Deutschland schwenken die Hersteller von Babywindeln auf Windeln für Senioren um. In Afrika werden sie mit ihrem Stammgeschäft noch auf Jahrzehnte hinaus glänzende Geschäfte machen.
Das haben nicht nur die Konzerne aus China entdeckt. Auch Unternehmen aus Indien, Brasilien, der Türkei, Israel, Malaysia und vielen anderen Schwellenländern haben erkannt, dass Afrika der Kontinent ist, auf dem in Zukunft die Musik spielt.
Bei unseren vielen Begegnungen mit deutschen Unternehmern werden wir immer wieder mit der Angst konfrontiert, dass Afrika zu schwierig für ein unternehmerisches Engagement ist. Und ja, es ist richtig: Afrika ist schwierig. Das Risiko ist groß, an falsche Geschäftspartner zu geraten. Es kann auch immer wieder vorkommen, dass sich die Rahmenbedingungen – wie zuletzt in Äthiopien – erheblich verschlechtern.
Ungeachtet dessen nehmen die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in Afrika tendenziell zu: Im Jahr 2015 haben sich die deutschen Direktinvestitionen zwar von 1067 auf 476 Millionen Euro mehr als halbiert. Doch damit liegen sie immer noch höher als im Jahr 2012 (siehe Grafik).
Der Bestand der deutschen Investitionen wächst denn auch im langfristigen Trend: Im Jahr 1993 lagen sie bei umgerechnet 2 Milliarden Euro, im Jahr 2003 bei 4,4 Milliarden Euro und zehn weitere Jahre später, im Jahr 2013, bei 8,9 Milliarden Euro.
Damit liegt Deutschland allerdings weit abgeschlagen hinter China. Dessen Direktinvestitionen in Afrika lagen im vergangenen Jahr bei 66,4 Milliarden Dollar (60,7 Milliarden Euro), heißt es im jüngsten Bericht „Africa Attractiveness“ der Unternehmensberatung EY. Das ist fast das Siebenfache der deutschen Investitionen. Allein die Eisenbahnlinie von der äthiopischen Hauptstadt Addis Abbeba nach Djibouti schlägt mit rund 4 Milliarden Dollar zu Buche. Die chinesischen Exporte nach Afrika liegen bei 82,9 Milliarden Dollar und damit bei mehr als dem Dreifachen der deutschen Ausfuhren.
Wenn die deutschen Unternehmen nicht bald ihre Anstrengungen in Afrika um ein Vielfaches erhöhen, droht der deutschen Wirtschaft, auf dem großen Hoffnungskontinent im Süden abgehängt zu werden.