Bundeskanzlerin Merkel reist nach Senegal, Ghana und Nigeria und benennt die Finanzierung als Achillesferse. Wir brauchen ein europaweites Garantiesystem – und eine europäische Afrika-Politik.
Bundeskanzlerin Angela Merkel reist an drei Tagen in drei afrikanische Länder: Für den 29. August stand Senegal auf dem Reiseplan, für den 30. August Ghana und für den 31. August Nigeria. Ursprünglich waren für diese Reise sechs Tage angesetzt. Aber immerhin haben sich die Besuche der Kanzlerin in Afrika vermehrt, was auch gegenüber Afrika ein wichtiges Zeichen ist.
Senegal ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Land. Ghana kämpft mit zu hohen Staatsschulden, ist aber auf dem Weg, wieder ein wirtschaftlich starkes Land in Westafrika zu werden. Und Nigeria hat sich mit 190 Millionen Einwohnern und einem Bruttoinlandsprodukt von 376 Milliarden Dollar vor Südafrika als wirtschaftlich stärkste Nation auf dem afrikanischen Kontinent vorgearbeitet.
Zwei Themen stehen Teilnehmern weit oben auf der Tagesordnung: Deutschlands Wirtschaftsengagement und Migration.
Im Wettbewerb mit China hat Merkel zu Recht strukturelle Schwächen Deutschlands identifiziert. Chinesische Unternehmen haben Afrika als Zukunftsmarkt identifiziert, treten mit vereinten Kräften und überzeugenden Konzepten stark auf und schlagen so die Konkurrenz besonders bei großen Infrastrukturprojekten aus dem Feld.
„Unsere Achillesferse ist die Finanzierung“, soll Merkel Teilnehmern zufolge auf der Reise angemerkt haben. Auch wenn dies kein offizielles Statement ist, so ist der Befund doch auf jeden Fall richtig. Mit der KfW hat die deutsche Wirtschaft immerhin einen starken Finanzpartner an der Seite. Positiv anzumerken ist auch, dass staatliche Garantien für die deutsche Wirtschaft, die sich in Afrika engagieren will, ausgeweitet werden. Auf der einen Seite gibt es die Exportkreditgarantien, die sogenannten Hermesdeckungen, für der Versicherer Euler Hermes von der Bundesregierung mandatiert ist. Auf der anderen können Unternehmen Investitionsgarantien beantragen, die PwC für die Bundesregierung bearbeitet.
Doch diese Garantien sind in der Abwicklung zu kompliziert und zu langwierig. Diese administrative Bearbeitung ließe sich verbessern. Allerdings leiden sie an einem grundsätzlichen Mangel: Die staatlichen Garantien, die Unternehmen in Europa beantragen können, sind allesamt nationalstaatlich ausgerichtet.
Dabei brauchen wir ein europäisches System für die Vergabe von Investitionsgarantien und Exportabsicherungen. Um noch einen Schritt weiterzugehen: Die Zeit der nationalen Auftritte ist vorbei. Kein europäisches Land ist stark genug, um im Alleingang in Afrika Erfolg zu haben. Wir brauchen eine europäische Afrika-Politik.
Denn immer mehr Unternehmen arbeiten europaweit und sind europaweit integriert. Auch ließen sich auf diese Weise die nationalstaatlichen Mittel auf eine europäische Ebene heben und auf diese Weise verstärken.
Deutschland allein wird der chinesischen Konkurrenz in Afrika genauso wenig standhalten, wie es Frankreich oder irgendein anderes europäisches Land kann. Nur Europa als Ganzes kann die Chancen, die der afrikanische Kontinent bietet, wahrnehmen.
Jetzt wird die Infrastruktur in Afrika aufgebaut, die der Kontinent in Zukunft benötigt. Allerorten werden Flughäfen gebaut, Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Eisenbahnlinien und vieles andere. Damit werden jetzt auch die Normen und Standards gesetzt, mit der diese Infrastruktur genutzt wird. Für die Flugaufsicht oder die Kommunikation auf Eisenbahnlinien kann es nur ein einziges Kommunikationssystem geben und nur einen einzigen Ausbildungsstandard.
In Kenia sind auf der neuen Eisenbahnstrecke von Nairobi nach Mombasa sämtliche Instruktionen, Dienstanweisungen und Handbücher auf chinesisch verfasst.
Wenn die europäische Wirtschaft sich jetzt nicht zusammenschließt, um entschlossen gemeinsam in Afrika aufzutreten, werden andere die Standards und Normen für Afrikas künftige Infrastruktur setzen. Damit wird die europäische Wirtschaft dauerhaft ins Hintertreffen geraten.
Dazu brauchen wir europäische Finanzierungsmechanismen. Denn es ist richtig: Die Finanzierung ist unsere Achillesferse. Und Europa ist, wieder einmal, die einzige Lösung. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wartet nur auf ein Zeichen der Kanzlerin, um gemeinsame Wirtschaftsinitiativen für Afrika zu beschließen.