Chinesische Unternehmen sind in Afrika mit einer Konsequenz aktiv, die deutschen Unternehmern fehlt. Das chinesische Modell ist nicht besser, es ist anders. Die Deutschen müssen Selbstvertrauen zeigen.
Die chinesische Wirtschaft tritt in Afrika in einer Stärke auf, die vielen anderen Auslandsinvestoren mittlerweile Angst macht. Erst vor weniger als 20 Jahren hat die chinesische Staatsführung als strategischen Wirtschaftspartner ausgemacht, zunächst als Versorgungsquelle für Rohstoffe und als Standort für den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, dann als Investitionsstandort für Infrastruktur und als Absatzmarkt für Konsumgüter.
Heute investieren chinesische Unternehmen mittlerweile in Industriefertigung in Afrika, um den afrikanischen Markt mit Produkten zu versorgen. Diese Devise lässt sich am ehesten mit „designed in China, made in Africa“ beschreiben. Daneben treibt China immense Infrastrukturprojekte mit Macht voran: Seehäfen, Autobahnen, Flughäfen, Eisenbahnen, Staudämme, Telefonnetzwerke…
Seit dem Jahr 2005 haben chinesische Unternehmen mehr als 66 Milliarden Dollar in 293 Investitionsprojekte in Afrika investiert und dabei gut 130.000 Arbeitsplätze geschaffen. Dies geht aus dem letzten Bericht Africa Attractiveness der Unternehmensberatung EY hervor. Damit ist China heute der größte Auslandsinvestor in Afrika.
Die deutsche Wirtschaft dagegen nutzt die Chancen, die Afrika bietet, nur zögerlich. „2017 investierten deutsche Firmen knapp 789 Millionen Euro in Afrika“, stellt die Deutsche Welle nüchtern in einem Internetbeitrag fest. „Ein Rückschritt: 2016 war es etwas mehr als eine Milliarde gewesen.“
Während China seit bald 20 Jahren Afrika als strategischen Investitionsstandort systematisch erschließt, läuft der große Nachbarkontinent im Süden bei den deutschen Unternehmen unter ferner liefen.
Allenfalls die Furcht vor einem ungezügelten Zustrom an Wirtschaftsflüchtlingen hat in den vergangenen zwei, drei Jahren für ein bisschen Aufmerksamkeit bei Wirtschaftsverbänden und einigen Politikern gesorgt.
Sollen wir also die aufstrebenden Märkte in Afrika erschließen, um die lebensgefährliche Reise durch die Sahara und über das Mittelmeer überflüssig zu machen? Wir halten die Verkopplung zwischen diesen beiden Dingen für unzulässig. Unternehmen sollen dort investieren, wo sie attraktive Renditen erwarten können – und dazu zählen auf jeden Fall viele Märkte Afrikas.
Deutschland investiert in China, während in China in Afrika investiert. Diesen Kreis können deutsche Unternehmen leicht durchbrechen und selbst in Afrika investieren.
Chinesische Unternehmer haben aus ihren Fehlern, die sie in Afrika in der Vergangenheit gemacht haben, gelernt. Das bedeutet aber nicht, dass die afrikanischen Märkte deshalb für deutsche Unternehmen verschlossen wären. Die Schlussfolgerung, die deutsche Politik solle es der chinesischen gleichmachen und ähnlich auftreten wie chinesische Investoren, halten wir ebenfalls für verfehlt. Das chinesische Wirtschaftsmodell ist grundverschieden vom deutschen.
Chinesische Staatskonglomerate und deutsche Mittelständler hätten kaum etwas gemeinsam, meinte auch Christoph Kannengiesser, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, kürzlich in einem Kommentar auf LinkedIn. Diese Ansicht teilen wir voll und ganz. Nein, die deutsche Wirtschaft muss sich auf ihre Stärken besinnen und entsprechend selbstbewusst in Afrika auftreten. Afrikanische Entscheidungsträger sind empfänglich für die Werte, für die deutsche Unternehmer in ihren besten Zeiten standen: Fairness in den Vertragsbeziehungen, sozialer Ausgleich, Förderung und gute Behandlung der Arbeitnehmer, ein Sinn für soziale und umweltpolitische Werte, Förderung privater Initiativen, Einbindung lokaler Fachkräfte und Unternehmen.
Afrika ist ein Kontinent mit 55 Staaten und rund 1,2 Milliarden Menschen. Die Entfernung zwischen Nord und Süd beträgt mehr als 12.000 Kilometer. Dieser Kontinent bietet genügend Platz, um den Entscheidungsträgern eine Alternative zum chinesischen Wirtschaftsmodell zu bieten.
Deutsche Unternehmer sollten sich deshalb nicht wie die Hasen angesichts der chinesischen Stärke in Afrika in ihrer Grube verstecken, sondern sich selbstbewusst auf ihre Stärken besinnen. Damit gewinnen sie vielleicht nicht jeden Bieterwettbewerb, aber genügend, um das Potenzial, das Afrika bietet, zu erschließen.